Psychosomatische Aspekte der US-Politik
Im Weißen Haus herrscht, für jeden erkennbar, eine Beraterkrise. Bob Woodward (“Furcht“) berichtet, dass sich die Präsidentenberater zusammengeschlossen haben, um die gefährlichsten Impulse des Präsidenten zu blockieren. Sie halten brisante Akten von ihm fern und kontrollieren ihn ständig, um schwere politische Schäden zu verhüten.
Es ist ein “Nervenzusammenbruch“ der Exekutive in diesem mächtigsten Land der Welt.
Der Präsident ist auf ein Heer absolut loyaler und kompetenter Experten angewiesen, die er allerdings ständig auswechselt. Trump kritisiert nicht nur, sondern lobt auch die entlassenen wie die neu eingestellten Berater öffentlich und nimmt stets gern deren Huldigungen entgegen. Meist dauert es nicht lange, bis der Präsident und sein Personal sich gegenseitig belauern. Es scheint so, als gingen sie gar nicht professionell miteinander um, sondern nur noch umeinander herum.
In der Psychosomatik ist diese Beraterkrise als “Koryphäen-Killer-Syndrom“ (“Expert-Killer-Syndrome“) bekannt. Der Erstbeschreiber Dieter Beck (1977) versteht darunter den Verfall einer vertrauensvollen Beziehung zwischen Ratsuchenden und Beratern. Wenn der anfangs idealisierte Berater nicht alle Erwartungen des Ratsuchenden erfüllt, zerbricht diese Vertrauensbeziehung. Im Klinikbetrieb, wie im Geschäftsleben und in einer politischen Administration, kommt es dann regelmäßig zur Entlassung von Experten. Im Weißen Haus herrscht, für jeden erkennbar, eine Beraterkrise, die sich wegen allseits abnehmender Expertise, so scheint es, von selbst erledigen dürfte.
„Da bin ich wieder, wo es keine Bändel, keine Trinkgelder, kein Hutabnehmen, keine Fürsten gibt, wo jeder ein Saumaul haben und (…) jeder Esel Präsident werden kann.“, hat Friedrich Hecker, die „Ikone der deutschen Revolution von 1848“ (Deutschlandfunk) nach seiner Rückkehr aus Deutschland in die USA über das gelobte Amerika geschrieben. 170 Jahre später wird nicht jeder Staatsangehörige der USA dieses Lob uneingeschränkt unterschreiben, besonders nicht in Regierungskreisen, jedoch …
Wie mögen wohl die Präsidentenberater über ihren Chef denken, wenn sie – zum Wohle ihres Landes – versuchen, die schädlichsten Impulse ihres Präsidenten zu unterlaufen, ihn belauern und sich gegenseitig nicht trauen können?
Dieser gut lesbare Artikel macht auch staunenden Laien wie mir verständlich, was da gerade gespielt wird und auf dem Spiel steht. Sehr zutreffend diagnostiziert und – aus der Distanz betrachtet vollkommen einleuchtend. Wer sagt es dem Präsidenten? 😁
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