Blickkontakte

Kann man sich in einen Menschen verlieben, nachdem man ihm die richtigen Fragen gestellt und danach vier Minuten lang in die Augen geschaut hat?

Ja, das geht.

Zumindest behauptet das der renommierte Psychologe Arthur Aron, New York. Sein Experiment haben Seafret, in ihrem Musikvideo nachgestellt.
https://www.srf.ch/radio-srf-3/musik/de-song-vom-tag/de-song-vom-tag-seafret-wildfire

Kommentar: Mit der Blickbegegnung wächst die Aufmerksamkeit. Schon das Neugeborene und seine Mutter betrachten einander, tauschen Laute aus, lächeln und suchen in kurzen Abständen immer wieder den liebevollen Blick.
Die mütterliche Zuwendung wird unmittelbar in der Begegnung mit dem Kind als eine leichte Bewegung sichtbar, die Zuneigung bedeutet. Da diese Bewegung sowohl mit kindlichen als auch mütterlichen Empfindungen verbunden ist und daher wesentlich mehr als ein vertrautes Verhalten im Kontakt liebenswerter und befreundeter Menschen bedeutet,  lässt sich nur erahnen, was in Mutter und Kind vor sich geht. Wie leicht auch die Zuneigung als körperliche Zuwendung („Leiblichkeit“) und als „innere Bewegung“ („Lieblichkeit“)  verstanden werden kann, der Vorgang ist zwar mit ästhetischen Mitteln darzustellen, kann aber nur intersubjektiv erlebt werden.
Ein Beispiel für Leichtigkeit ist „Das Lächeln der Mutter auf den Lippen der Tochter.“ Mutter und Kind sind über ein feines Band miteinander verbunden.[1]


[1] Andrea Bramberger: Das Lächeln…..

Centaurus-Verlag-Text (2007): Mütter und Töchter sind über ein feines Band miteinander verbunden, das die Kraft hat, beide aneinander zu fesseln, das aber auch zerreißen kann. Dieses Buch erzählt davon: es bietet eine Bestandsaufnahme der Mutter-Tochter-Beziehung und schildert auch deren Problematisierung.

Was das Buch ausmacht, ist das, was das Buch spannend macht: Es beschreibt Momente, in denen die traditionellen Abläufe brüchig und durchlässig werden. In diesen Rissen wird sichtbar: es gibt viel mehr zwischen Müttern und Töchter zu entdecken. Das Band, das miteinander verbindet, ist nicht starr. Es ist beweglich, schillernd, bunt, voller Überraschungen. Das ist das Besondere an der Beziehung: sie steckt voller Möglichkeiten. Die Analyse der Texte von Frauen, die alternative Wege aufzeigen, ist vielversprechend. In dieser veränderten Perspektive liegt selbst schon ein Stück Ermächtigung, und das Buch verwirklicht das Anliegen, Mütter und Töchter anzusprechen. Dazu beschreibt die Autorin brisante historische und zeitgenössische Mutter-Tochter-Beziehungen: Wie standen etwa die beiden Schriftstellerinnen Elisabeth Langgässer und Cordelia Edvardson als Mutter und Tochter zueinander?

Die Lektüre soll Frauen, Mütter und Töchter ermutigen und wecken, es nimmt alle Erfahrungen konsequent Ernst und will vor diesem Hintergrund Denk- und Handlungsmöglichkeiten anbieten. Es geht darum, einen neuen Blick auf die Beziehung zu eröffnen. Jenes Lächeln, von dem die Rede ist, ist als Metapher für diese Versuche zu verstehen. Es versteht sich als Gabe und als Sehnsucht, etwa wenn Toni Morrisons fiktive Tochter Beloved über das Lächeln der Mutter sagt: „her smiling face is the place for me; it is the face I lost; she is my face smiling at me“ (Toni Morrison: Beloved). Das Erbe der Mutter erweist sich letztlich als Grundlage für erweiterte Möglichkeiten, aufeinander zuzugehen.