
Der Erfolg dieses Debutromans (3. Auflage 2019) ist mir zunächst ganz unerklärlich gewesen. Jetzt verstehe ich, dass dieses Unerklärliche überhaupt erst Hilmar Klutes literarischen Erfolg und damit die neue Qualität eines Romans ausmacht: Es geht dem Autor immer zwar um die Schönheit in der Sprache, die sich hier erweist, aber nie um die Anerkennung der Wirklichkeit.
Denn die Realität ist gar nicht schön:
Der Protagonist leistet geduldig einen elenden Dienst im Altenheim. Er will Dichter werden. Er hat den Einberufungsbescheid abschlägig beantwortet: “Ich schrieb, dass jemand, der die Gedichte von Enzensberger, Auden und William Carlos Williams verehrt, niemals zur Waffe greifen dürfe.“ Allerdings bedient er sich in der Liebesbeziehung mit Kathrin aus Neukölln, einer zwar gewaltfreien, aber machmal durchaus militärstrategisch gefärbten Sprache: „Und deshalb küsste ich sie, obwohl ich wusste, dass dieser Kuss eine Armee in Bewegung setzten würde…“ (Nicht die Arme, sondern eine Armee!).
Er gerät mit Kathrin in die Berliner Szene und trägt im „Literaturhaus“ an der Fasanenstraße sein erstes Gedicht vor (viel Herzklopfen und Humor!). Im Künstlerlokal „Zwiebelfisch“ am Savigny-Platz trifft er dann Literaten, die den Dichter Nicolas Born noch gekannt haben: „Born, dessen Gedichte ich in mir trug, weil sie so waren, wie ich mir Gedichte immer gewünscht habe. Einer geht durch die Wirklichkeit und erkennt die Wirklichkeit als Wirklichkeit. Aber er erkennt sie nicht an.“ Und er zitiert den Lyriker mit dem Satz: „Jedes Wort ist eine Tätlichkeit und eine zärtliche Berührung des Lebens.“ (Marc Huf 20. 1. 1019)