- Der Titel eines der letzten Brautgedichte des Arztes Johann Christian Günther lautet: Als er Phillis einen Ring mit einem Totenkopf überreichte.
Bei aller Liebe – die doppelte Botschaft des Geschenks eignete sich weder als Brautwerbung noch als günstige Eheprognose. Glücklicherweise flocht der Autor eine Interpretationshilfe in dieses Gedicht ein, um der erschrockenen Pfarrerstochter Phillis das paradoxe ästhetische Zusammenspiel von „Eis und Flammen“, „Lieb und Tod“ als poetische Contradictio in adiecto zu verdeutlichen, vor allem aber, um sie von ihrerAngst vor der Ehe zu kurieren
Wie schickt sich aber Eis und Flammen?
Wie reimt sich Lieb und Tod zusammen?
Es schickt und reimt sich gar zu schön,
Denn beide sind von gleicher Stärke
Und spielen ihre Wunderwerke
Mit allen, die auf Erden gehn.
Eine Ehe sollte indessen nicht zustande kommen, weil der Vater des Dichters sich allen Heiratsplänen widersetzte. So endete die Liebesgeschichte in einer Partnerschaft, die ein Dichter der Moderne als sachliche Romance bezeichnet. Vgl. Erich Kästners Sachliche Romance (1929) mit dem Oxymoron im Titel, ein Beispiel „ungelebten Lebens“.
2. Erich Kästner
Sachliche Romanze
Als sie einander acht Jahre kannten
(und man darf sagen: sie kannten sich gut)
kam ihre Liebe plötzlich abhanden.
Wie andern Leuten ein Stock oder Hut.
Sie waren traurig, betrugen sich heiter,
versuchten Küsse, als ob nichts sei,
und sahen sich an und wussten nicht weiter.
Da weinte sie schließlich. Und er stand dabei.
Vom Fenster aus konnte man Schiffen winken.
Er sagte, es wäre schon Viertel nach vier
und Zeit, irgendwo Kaffee zu trinken.
Nebenan übte ein Mensch Klavier.
Sie gingen ins kleinste Café am Ort
und rührten in ihren Tassen.
Am Abend saßen sie immer noch dort.
Sie saßen allein, und sie sprachen kein Wort
und konnten es einfach nicht fassen.
3. Einen vergleichbaren emotionalen Akzent setzt Else Lasker-
Schülers Gedicht Frühling mit dem Vokalwechsel vom Leben zum Lieben
Ich sehnte mich nach Mutterlieb’
Und Vaterwort und Frühlingsspielen,
Den Fluch, der mich durch’s Leben trieb,
Begann ich, da er bei mir blieb,
wie einen reuen Feind zu lieben.
Die Contradictio in adiecto vom „treuen Feind“ ist als poeti-
sches Mittel geeignet, Ambivalenz auszudrücken, wird aber ge-
rade deshalb leicht verkannt. Dieses unbewusste „Versehen“ er-
füllt ein Vorurteil, da beim Lesen an dieser Stelle ein „treuer
Freund“ erwartet wird.

4. Mit dem Grußwort aus dem Bundeskanzlerarmt wurde Georg Büchner zum 200. Geburtstag ein „klarer und durchdringender Verstand“ attestiert, der bereits seinen Lehrern aufgefallen sei – und noch mehr:
„Mit dieser Gabe und jugendlichem Ungestüm wurde er der produktive Rebell seiner Zeit, scharfzüngig und leidenschaftlich.“
Die Formulierung „der produktive Rebell“ konnte allerdings als Contradictio in adiecto – wie ein absichtliches Versehen – verstanden werden, ein feierliches Oxymoron, das eine gewisse Befangenheit des regierungsamtlichen Laudators verriet.
In der Tat war schon früher einmal dessen Voreingenommenheit gegenüber scharfzüngigen Schriftstellern aufgefallen, hatte er doch politische Verse des streitbaren Lyrikers und Büchner-Preisträgers Erich Fried als so gefährlich eingeschätzt, dass er sich im Parlament zu der Äußerung genötigt sah, diese Gedichte würde er „lieber verbrannt als im Unterricht verwendet sehen“. (Die Welt vom 22.11.2006 berichtete: Im „deutschen Herbst“ 1977 wollte Bernd Neumann Gedichte von Erich Fried lieber verbrannt als im Unterricht verwendet sehen.)
DOI: 10.1007/978-3-030-02723-0_11
5. Peter Trower; Jason Jones: REBT with Diverse Client Problems and Populations (2019):
Until comparatively recently, the idea of using REBT or any kind of cognitive psychotherapy for schizophrenia sounded like an oxymoron. The prevailing view in psychiatry and widely in the mental health field, was—and sometimes in routine practice still is—that psychological therapy for schizophrenia was inappropriate, even iatrogenic, in that there was a risk that it might cause as much harm as benefit.
