

2018 wurde der österreichische
Staatspreis für Wissenschaft an Andrea Bramberger verliehen.

SALZBURG. Wenn Andrea Bramberger von komplizierten Beziehungen schreibt, nimmt sie gerne Literatur und Film als Auskunftgeber und sucht Zuflucht bei den Mythen, die noch immer alle noch so abgründigen Verhältnisse im Zusammenleben von Menschen in bündige Geschichten aufzuheben verstanden. So arbeitet eine Gesellschaftswissenschafterin, die nicht nur mit der Theorie vertraut ist, sondern ihr Werk auf die breite Basis der Kulturgeschichte stellt.

Das entspricht einem Bildungskonzept, das als Schule des kritischen Denkens und Argumentierens unschlagbar ist. Bramberger hebt die Trennung von Kunst und Leben auf, weil Informationen, die sie kulturellen Objekten entnimmt, unmittelbar Deutungen unseres Lebens zulassen. Kunstwerke, wie sie Bramberger liest, haben das Zeug dazu, die Wirklichkeit, so wie wir sie hautnah erfahren, aus der Distanz in ein neues Licht zu rücken. Das macht sie am Beispiel der Mutter-Tochter-Beziehung Elisabeth Langgässer und Cordelia Edvardson deutlich. Beide bemühen den Mythos, um ihre eigene Geschichte zu verarbeiten, ohne Ich sagen zu müssen. Sie lagern Biografisches auf die Mythologie aus, wo ihnen über das Heikle zu sprechen erst möglich wird. Aus der Liaison der katholischen Schriftstellerin Langgässer mit dem jüdischen Intellektuellen Hermann Heller ging 1929 die Tochter Cordelia hervor, die unter den Nazis als Jüdin nach Auschwitz deportiert wurde. Die Anstrengungen ihrer Mutter, das Kind zu retten, brachten nichts – keine guten Voraussetzungen für das Kind, sich nach dem Krieg der Mutter anzunähern. Beide Frauen griffen auf den Mythos von Ceres und Proserpina zurück, als sie Familiengeschichte aufarbeiteten. Proserpina war von Pluto in die Unterwelt verschleppt worden, die Bemühungen der Mutter, das Kind zu befreien, gelangen nurteilweise. Nurjeweils ein halbes Jahr wurde ihm gegönnt, auf Erden zu verbringen. Ein Mythos wird als Deutungsmuster über eigene Erfahrungen gelegt. Ihm wird eine Entlastungsfunktion zugesprochen.
Die Methode, Kunst und Leben miteinander in einen Austausch zu bringen, hatte Bramberger schon in ihrem fulminanten Buch „Die KindFrau“ aus dem Jahr 2000 angewendet. Um welches Wesen handelt es sich, das bei aller Kindlichkeit eine verführerische Erotik ausspielt, damit ihr Männer auf den Leim gehen? Die Moralkarte zückt Bramberger nie, das wäre ihr ein zu oberflächlicher Zugang. Vladimir Nabokovs „Lolita“ gibt den Leitfaden ab, an dem sich Bramberger zu den so unterschiedlichen Ausprägungen entlangschreibt. Die Grenze zwischen Verführung und Gewalt, Spiel und Ernst ist fließend. Charlie Chaplin, dessen Werk reich an Kindfrauen ist, sucht sich solche auch in seinem Leben. Er erschafft sich zuerst im Film, was er in der Wirklichkeit sucht.
(ANTON THUSWALDNER)

Der Professorin Frau Dr. Andrea Bramberger, Magistra und Universitätsdozentin in Salzburg („Poesie ist Widerstand“), gilt auch mein besonderer Dank für die Unterstützung bei der bibliographischen Recherche und für die lektorierende Begleitung des Projekts „Arzte, Dichter und Rebellen“.

![Re-Conceptualizing Safe Spaces: Supporting Inclusive Education (English Edition) von [Kate Winter, Andrea Bramberger]](https://m.media-amazon.com/images/I/413VEgNfIBS.jpg)
A ’safe space‘ is both a precondition, and one of the effects, of efforts of inclusiveness and egalitarian access to education. By creating safe spaces for learning and unlearning, researchers and practitioners have been working to strengthen the purpose of schools and universities, where education and learning are intended for everyone, with the goal of increasing critical thinking and valuing difference.