„Vom Holocaust haben wir nichts gewusst“. Die Nachkriegs-Ausrede vieler Deutscher: eine Lebenslüge. Das weist der US-Historiker Robert Gellately in seiner neuen Studie „Backing Hitler“ nach.

„Es gibt einen Ort, der in Deutschland sofort Kontroversen auslöst, sofort Ablehnung oder Schuldgefühle weckt, einen Ort, von dem man annehmen könnte, dass alle ihn kennen: Auschwitz. Doch jeder fünfte Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren hat davon noch nichts gehört. Das ist der eine Teil der Wirklichkeit. Der andere: Viele von denjenigen, die mit Sicherheit etwas über die Vernichtung der rund sechs Millionen Juden und über den tödlichen Terror gegen andere Minderheiten wussten, behaupten bis heute, davon damals nichts gehört zu haben. Auschwitz war weit weg, irgendwo im Osten. Die Wirklichkeit ist aber auch hier noch eine andere. Die meisten Menschen wurden nicht in Auschwitz, sondern in einem der vielen anderen Lager umgebracht. Tausende davon gab es auch in Deutschland. Der Mord geschah also auch in der Nachbarschaft.“ (Volker Steinhoff) s.a. Das Kontinuum der NS-Medizin
Die Denunziation von Blutsverwandten, wie im Fall des Arztdichters da Silva, gehörte keineswegs zu den historischen Einzelfällen mit tödlichem Ausgang: 300 Jahre nach dem Autodafé von Lima, als mit dem II. Weltkrieg der NS-Völkermord begann, wurden immer mehr widerständige Menschen von ihren nächsten Angehörigen an die Gestapo verraten, um inhaftiert oder hingerichtet zu werden. Allerdings fiel auch die Gestapo nicht auf jede Anzeige eines denunziationswilligen Ehepartners herein.
https://daserste.ndr.de/panorama/aktuell/Die-Luege-von-ahnungslosen-Deutschen,panorama8294.html